Dazu erklärt Michael Kauch, Bundesvorsitzende der Liberalen Schwulen, Lesben, Bi, Trans und Queer (LiSL):
„Die Ampel hat für LSBTI* schon jetzt mehr erreicht als die Vorgängerregierungen, in denen CDU/CSU den Fortschritt stets blockiert haben. Dennoch braucht der queerpolitische Aufbruch mehr Tempo, damit bis 2025 auch wirklich alle Versprechen des Koalitionsvertrages eingelöst werden. Da sind die zuständigen Minister:innen Paus, Buschmann, Lauterbach, Faeser, Starck-Watzinger, Baerbock und Schulze allesamt ebenso gefordert wie der grüne Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann. Alle Koalitionspartner haben noch Hausaufgaben zu erledigen.
Ein ganz besonders wichtiger Erfolg ist die verschärfte Strafbarkeit von homo- und transfeindlicher Hasskriminalität, die der liberale Bundesjustizminister Marco Buschmann ebenso erreicht hat wie die anstehende Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen gegen LSBTI* im Völkerstrafrecht. Hier muss Bundesinnenministerin Nancy Faeser nun die entsprechende Umsetzung bei den Polizeien von Bund und Ländern sicherstellen.
Auf der Habenseite der Koalition stehen zudem Verbesserungen für die Anerkennung queerer Geflüchteter, eine neue Gedenkkultur für die homo- und transsexuellen Opfer des Nationalsozialismus, die Abschaffung des Blutspendeverbots und ein neuer Erlass zu Regenbogenflaggen an öffentlichen Gebäuden.
Das Selbstbestimmungsgesetz muss jetzt final beschlossen werden, statt mit immer neuen Änderungswünschen die Gesetzgebung weiter zu verzögern. Tempo braucht auch der Nationale Aktionsplan „Queeres Leben“. Hier ist zwar der Prozess gestartet, aber bisher sind keine konkreten neuen Maßnahmen erkennbar. Das liegt ausdrücklich nicht nur am Geld, sondern auch am Management des Prozesses. Hier ist mehr Ergebnisorientierung des federführenden Familienministeriums gefragt.
Höchste Zeit wird es für die versprochenen Reformen für Regenbogenfamilien. Das Abstammungsrecht muss jetzt in den Gesetzgebungsprozess eingebracht werden – und zwar eins zu eins so, wie es im Koalitionsvertrag verabredet wurde. Nur wenn schwule Väter nicht entrechtet und Co-Parenting-Modelle erleichtert werden, ist ein neues Abstammungsrecht zustimmungsfähig. Eine Reform nur für lesbische Mütter kann es nicht geben.
In der Außen- und Entwicklungspolitik müssen wir leider feststellen, dass die Menschenrechte von LSBTI* bei einer feministischen Außenpolitik schlicht nicht stattfinden. Halbherziger Protest bei der Todesstrafe in Uganda und keinerlei Konsequenzen in der Entwicklungspolitik – das unterscheidet sich kaum vom früheren Entwicklungsminister der CSU.
Schließlich ist es nicht hinnehmbar, dass beim Artikel 3 Grundgesetz nichts vorangeht. Wenn es für Pakete verschiedener Anliegen keine Mehrheiten gibt, dann muss die Ergänzung des Gleichstellungskatalogs um die sexuelle Identität jetzt endlich einzeln auf den Weg gebracht werden. Denn dafür sind am ehesten die notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheiten in Sicht.“